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Theaterbesuch der 10. und 11. Klassen

"Ein Buch im Haus nebenan ist wie ein scharf geladenes Gewehr. Man vernichte es. Man entlade die Waffe. Man reiße den Geist ab. Wer weiß, wen sich der Belesene als Zielscheibe aussuchen könnte!“

In Ray Bradburys Roman „Fahrenheit 451“ ist Wissen verboten, Bücher werden vernichtet, gebildete Bürger werden verfolgt und fallen häufig einem „Unfall“ zum Opfer. Ein Staat, der über seine Bürger absolute Kontrolle ausüben will, muss selbstständiges Denken verhindern. Stattdessen werden die Menschen mittels allgegenwärtiger „screenwalls“ mit seichter Unterhaltung berieselt, die ihnen eine heile Welt vorgaukelt, gelbe, blaue und rote Pillen sorgen außerdem für Wohlbefinden, Schlaf oder gute Laune.

Guy Montag, die Hauptfigur der Geschichte, ist Feuerwehrmann, der pflichtgetreu seiner Aufgabe nachkommt, versteckte Bücher und Schriften aufzustöbern und zu verbrennen – bei 451° Fahrenheit, der Temperatur, bei der Papier Feuer fängt. Als Montag der schönen Clarisse begegnet, lernt er die Welt der Sprache und der Phantasie kennen, da die junge Frau ihre Lektüre nicht vor ihm versteckt, sondern ihn daran teilhaben lässt. Spätestens als sie bei einem Unfall ums Leben kommt, wird dem bisher systemtreu Handelnden klar, dass seine Welt trostlos und menschenverachtend ist. Misstrauisch beäugt von seiner Vorgesetzten, Hauptmann Beatty, sucht er Kontakt zu Menschen, die sich mit Literatur beschäftigen, bis er schließlich selbst auf der Liste derer steht, die zu eliminieren sind. Er flieht in die Wälder zu einer Gruppe von Dissidenten, die den Inhalt von Büchern bewahren, indem sie ihn mithilfe einer besonderen Technik nach einmaligem Lesen in ihrem Gedächtnis speichern.

Die Bühnenadaption des 1953 erschienen Klassikers durch das Fränkische Theater Schloss Maßbach verzichtet auf plumpe Aktualisierung oder historische Anspielungen und orientiert sich streng an der literarischen Vorlage. Diese ist auf der Bühne präsent durch Ausschnitte, die von Clarisse (dargestellt von Iris Faber) vorgelesen werden, um die Szenenfolge miteinander zu verknüpfen. Dies wirkt ab und an etwas bemüht, ist aber unverzichtbar, um den Ablauf verständlich zu machen. Andreas Almand Aelter als Guy Montag versteht es, die Verwandlung vom kritiklosen, systemtreuen Mitläufer zum kompromisslosen Rebellen glaubwürdig zu vermitteln, Susanne Pfeifer hat als Feuerwehrhauptmann Beatty starke Auftritte. Anfangs dauerte es eine Weile, bis das überwiegend aus Schülern bestehende Publikum sich in die Inszenierung hineingefunden hatte, da die Schauspieler mehrere Rollen gleichzeitig spielten. Das minimalistische Bühnenbild von Robert Pflanz forderte außerdem die Phantasie der Zuschauer: Eine aus unbehandeltem Holz gebaute Drehbühne, die aus drei unterschiedlichen Segmenten bestand, wurde je nach Bedarf durch Türen, Klappen, Podeste in unterschiedliche Räume umgebaut. Im Verlauf der Darbietung gelang es der engagiert agierenden Schauspieler-Truppe, den Spannungsbogen aufzubauen und die Ideen des Regisseurs Augustinus von Loe überzeugend zu transportieren, sodass sie am Ende mit einem lang anhaltenden Applaus für ihre Leistung verabschiedet wurden.

Wieder einmal hat die Stadt Gunzenhausen dafür gesorgt, dass Schüler verschiedener Schulen Literatur erleben konnten. Das ist nicht selbstverständlich und deshalb gilt der Dank den Verantwortlichen, die sich in Zeiten knapper Kassen für die Bildung junger Menschen stark machen.