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Alles besteht aus Sternenstaub - wir auch?

Alles besteht aus Sternenstaub - wir auch?

Abendvortrag von Dr. Josef Gaßner am Simon-Marius-Tag begeistert Publikum

Der Vortrag "Was hat das Universum mit mir zu tun?" von Dr. Josef Gaßner von der Ludwig-Maximilians-Universität München stellte den Höhepunkt des Simon-Marius-Tages am SMG anlässlich des von der Nürnberger Astronomischen Gesellschaft ausgerufenen Simon-Marius-Jubiläumsjahres dar. Während als Abschluss des reichhaltigen Nachmittagsprogramms Max Pfahler mit seiner "musikalischen Compagney" Werke aus der Zeit von Simon Marius zu Gehör brachte, füllte sich die Aula des SMG bis auf wenige Plätze. Nach diesem gelungenen Auftakt des Abends des Simon-Marius-Tages begrüßte Frau Weigel neben reichhaltig erschienenen Vertretern aus Politik, Bildungswesen und Wirtschaft alle erschienenen Mitglieder der Schulfamilie, also aktuelle und ehemalige Schülerinnen und Schüler, Eltern, aktive und ehemalige Lehrkräfte sowie Lehrkräfte umliegender Schule, Freunde des SMG und alle anderen Interessierten. Unter den Besuchern hatte sich auch Pierre Leich, der Initiator des Simon-Marius-Jubiläumsjahres und Koordinator der in diesem Rahmen stattfindenden Veranstaltungen, eingefunden.

     

Alle waren gespannt auf den Vortrag von Dr. Josef Gaßner und insbesondere die im Vortragstitel gestellten Frage "Was hat das Universum mit mir zu tun?" Bis zu deren Beantwortung musste man sich aber noch gedulden. Denn zu Beginn seines Vortrags verdeutlichte Herr Gaßner erst einmal auf sehr anschauliche Art und Weise die ungeheuren Dimensionen von Entfernungen und Zeiten nicht nur in unserem eigenen Sonnensystem, sondern auch im gesamten Universum. Mit Hilfe einer Orange symbolisierte er die Sonne und ließ das Publikum zuerst schätzen, wie groß denn in diesem Maßstab die Erde sei. Die Antwort "wie ein Reiskorn" verblüffte bereits einen Großteil der Zuhörenden. Als der Vortragende das Reiskorn zwischen Fingern haltend im Anschluss einen Jungen aus dem Publikum bat, sich mit der Orange in der Hand soweit von ihm zu entfernen bis letztendlich auch die Entfernung Erde-Sonne maßstäblich richtig dargestellt sei, fragten sich nahezu alle Anwesenden, wie groß der Abstand Reiskorn-Orange dann wohl sein müsse und einige waren erstaunt zu erfahren, dass der Junge sich dazu bereits zehn Meter weit entfernen müsse. Noch unterschiedlicher als bei der ersten Frage waren die Einschätzungen, wie weit der Helfer des Vortragenden noch laufen müsse, um die Entfernung zu unserem nächsten Nachbarn Proxima Centauri korrekt wiederzugeben. Herr Gaßner löste auf, dass der Junge keine Chance hatte, die gestellte Aufgabe zu lösen, denn er hätte bis weit östlich von Moskau laufen müssen, um annähernd den korrekten Maßstab darzustellen. Die Orange begleitete das Publikum dann bis zum Ende des Vortrags, schlüpfte dabei aber ständig in neue Rollen, sie mutierte von der Sonne zum Mond, zu Elementarteilchen, zu Planeten und Sternen - stets diente sie der Veranschaulichung immenser Dimensionen oder komplexer Zusammenhänge.

   

Bereits in dieser frühen Phase seines Vortrags hatte Josef Gaßner das Publikum derart gepackt, dass man auf Grund der hochkonzentrierten Stille das Reiskorn hätte fallen hören können. Und das gebannte Lauschen hielt bis zum Ende seines Vortrags an. Nun wurde dem Publikum die Sonne als erdnächster Stern näher gebracht. Der Vortragende ging insbesondere auf die im Inneren der Sonne ablaufenden Kernprozesse ein, die bei der Erzeugung unvorstellbar großer Energiemengen dort ablaufen. Auch hierbei blieb er wie während des gesamten Vortrags der Maxime treu, alles anschaulich und gut verständlich darzustellen. Er formte seine Gedanken in leicht nachvollziehbaren Schritten, so dass das Publikum sich gleichsam in die Sonne versetzt fühlte und die Grundlagen selbst komplexer Zusammenhänge wie dem sogenannten "Schalenbrennen" verstehen konnte.

     

Allen Anwesenden war klar, dass mit der Fusion von Helium noch lange nicht Schluss sein kann, alle waren brennend daran interessiert, zu erfahren, wie es im Leben eines Sternes weitergeht. Sie folgten gebannt den Worten des Vortragenden, erfuhren die weiteren Stadien des Schalenbrennens und gelangten gemeinsam zum Eisenkern, ab dem aus energetischen Gründen keine weitere Fusion mehr stattfindet. Trotzdem musste es da noch mehr geben - und Josef Gaßner präsentierte den Zuhörenden die "Partyteilchen". Es handelt sich hierbei um die Bosonen, die gerne noch näher zusammenrücken, wenn von außen "gedrückt" wird. Im Gegensatz dazu sperren sich die Fermionen gegen eine Annäherung. Auch bei diesen weit über den Lehrstoff des Gymnasiums hinausgehenden Zusammenhängen gelang dem Vortragenden mittels eines Hotels eine allen einleuchtende Veranschaulichung. Basierend auf seinen bisherigen Ausführungen ließ sich gut verstehen, dass Sterne sich sowohl hinsichtlich ihrer Temperatur als bezüglich ihrer Helligkeit unterscheiden, diese beiden Größen aber nicht direkt kausal zusammenhängen. Herr Gaßner sortierte nun ausgehend von der Aufnahme eines Sternclusters die einzelnen Objekte im Blick auf diese beiden Größen und ließ so vor den Augen des Publikums das Hertzsprung-Russell-Diagramm entstehen, eines der wichtigsten Hilfsmittel der Astrophysik im Bereich der Entstehung und Entwicklung von Sternen.

     

Dem Vortragenden gelang es im Folgenden durch Gestik und Mimik den Zuhörenden zu verdeutlichen, welch gewaltige Kräfte im Inneren von Sternen gegeneinander "kämpfen" und sich dabei immer wieder die Waage halten. Auch bei seinem Vortrag achtete er auf das Gleichgewicht - und zwar das zwischen hochkonzentriertem Folgen seiner Ausführungen und Erholung in Form von faszinierenden Filmsequenzen, die auf Aufnahmen des Hubble Space Telescopes basierten. Die ersten Videoaufnahmen entführten das Publikum in den aktuellen Nachthimmel in das Sternbild des Orions - dort flogen wir in den Orionnebel hinein, durchflogen ihn in dreidimensionalen Bildern und reisten dann noch zum Pferdekopfnebel bevor wir wieder in der Aula das SMG landeten um dem nächsten Teil des Vortrags zu folgen.

   
   

Nicht nur die Teilnehmenden am Q12-Kurs Physik (Astronomie), die hier in komprimierter Form den Unterrichtsstoff der nächsten Wochen erfuhren, lauschten weiterhin gespannt als Herr Gaßner den weiteren Verlauf eines Sternenlebens erläuterte und dabei planetarische Nebel, Supernovae, Neutronensterne und Pulsare ebenso erklärte wie Schwarze Löcher und Quasare. Er verglich das Periodensystem der Elemente mit einer Tastatur, auf der die Geschichte des Lebens geschrieben wird und verdeutlichte, dass zwar das meiste von uns selbst wirklich "Sternenstaub" ist, aber ohne die Sternentwicklung zur Supernova und darüber hinaus fast nichts aus unserer gewohnten hochtechnisierten Umwelt existieren würde. Somit hatte er bereits den ersten Bogen geschlagen, um nun zurückzukommen zur Beantwortung der Frage "Was hat das Universum mit mir zu tun?"

   
   

Das im ersten Vortragsteil noch als lebensfeindlich erscheinende Universum mutierte nun durch den geänderten Blickwinkel zu einem sehr lebensfreundlichen Ort. Herr Gaßner stellte eindrücklich dar, wie unendlich viele Bedingungen auf exakt eine Weise erfüllt sein mussten, damit es Leben auf unserem Planeten geben kann. Er verwies in diesem Zusammenhang zum Beispiel darauf, dass es sich bei der im Inneren der Sonne entstehende Strahlung um lebensgefährliche harte Röntgenstrahlung handelt, die nur auf Grund ihrer langen Umwege auf dem Weg an die Sonnenoberfläche genügend Energie verliert, so dass sie bei uns als angenehm wärmende Sonnenstrahlen ankommt, die als Grundlage für die Photosynthese als Basis alles Lebens wirkt. Er meinte sein persönliches Antidepressivum sei es "seine Nase in die Sonne zu halten und sich über die frischen Photonen zu freuen, die auf sein Gesicht treffen." Hinsichtlich des Wunders der Entwicklung des Universums wie wir es heute können stellte er den Vergleich an, dass die hierbei auftretenden "Zufälle" nicht nur einer Rasierklinge entsprächen, die auf ihrer Schneide frei steht (es gibt eine Wahrscheinlichkeit hierfür die ungleich Null ist), sondern dass wir sozusagen auf einem ganzen Turm von solchen aufeinandergestapelten, balancierten Rasierklingen säßen. Abschließend zeigte er in einer weiteren Videosequenz Aufnahmen des Hubble Space Telescopes von einem "Erdaufgang" über dem Mond zu den Klängen von Bette Middlers "From A Distance". Nahezu widerwillig ließ sich das Publikum wieder zurückholen in die Realität. Nun wurden Brezen und Getränke von einigen Tutoren als Stärkung vor einer Frage- und Diskussionsrunde angeboten, der sich nach der wohlverdienten Pause nahezu alle wieder anschlossen. 

     

Diese wurde Dank sehr interessierter und vielzähliger Fragen des Publikums auf weit mehr als das Doppelte der dafür ursprünglich veranschlagten Zeit ausgedehnt und konnte nur durch Herrn Gaßners positive Antwort auf die Frage, ob er denn in zwei Jahren mit einem neuen Vortrag wieder ans SMG kommen würde, beendet werden. Wir bedanken uns hiermit noch einmal aufs Herzlichste bei Herrn Dr. Gaßner, dass er sich vom weit entfernten Niederbayern zu uns aufmachte und uns mit seinem wunderbaren Vortrag begeisterte. Nach dem lange anhaltenden Applaus noch vor dem gemütlichen Ausklang in kleiner Runde bis weit nach Mitternacht ließen sich nur positive Publikumsstimmen vernehmen. Im Folgenden nur eine kleine Auswahl davon: "Das mit dem Orionnebel haben wir ja vorher auch gezeigt - aber das hier war gigantisch - einfach unschlagbar." "Kommt er wirklich wieder? Dann geh ich da auf jeden Fall hin - selbst wenn das dann schon nach meinem Abi ist." "Irre, wie viel Zufälle zusammenkommen müssen, damit das Universum so existieren kann, wie es ist."

"Eine Sternstunde am SMG!"